Deutsche SpracheGendern

Warum heißt es eigentlich „die“ Führungskraft? – Eine Petition

Am Frauentag (8. März) hatte ich eine Blogparade zum Thema Gendergerechtigkeit in der deutschen Sprache angestoßen, da mich das Gendern als Texterin und Bloggerin fast täglich betrifft und beschäftigt. Bis zur Verlängerung am 28. März haben sich 13 Frauen (sic!) – der Mann an sich hat offensichtlich keine Meinung dazu bzw. keinen Bedarf, diese zu äußern – mit richtig spannenden Aspekten rund um das Gendern in ihren Texten daran beteiligt – das finde ich großartig!

Ein Anlass für die Blogparade war u. a., dass der Duden zukünftig alle Berufsbezeichnungen in seiner Online-Ausgabe auch in der weiblichen Form aufführen will.      

Diese Absicht wiederum hat den Verein Deutsche Sprache (VDS) dazu motiviert, einen Aufruf unter dem Titel „Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden“ dagegen zu formulieren, da er der Meinung ist, dass sich das generische Maskulinum in diesem Fall NICHT falsch ist und Berufsbezeichnungen IMMER auch die Frauen mit einbezieht. Das Femininum sei hier falsch am Platz: „Der Duden setzt so seinen Status als ‚Standardwerk‘ aufs Spiel“, sagt Prof. Walter Krämer, Vorsitzender des VDS (Quelle: https://vds-ev.de/pressemitteilungen/duden-spaltet-die-sprachgemeinschaft/)

Viel interessanter als das Argument bezüglich des DUDENS und seines Rufes als Standardwerk finde ich jedoch dieses: 

„Der Duden wisse um seine Verantwortung als Wörterbuch und nutze diese aus, um seinen Lesern eine falsche Realität vorzugaukeln.“

Führungskraft Frau? In Wirtschaft und Journalismus Fehlanzeige

Ja – ganz genau! Meine Kollegin Korina Dielschneider und ich haben uns nämlich schon länger gefragt, warum es im DUDEN eigentlich „DIE Führungskraft“ heißt?! Bildet dieses Wort doch überhaupt nicht die Realität in deutschen Chefetagen ab! Während Korina sich in ihrem Blogbeitrag die aktuellen Zahlen zu Frauen in Führungspositionen in den deutschen Wirtschaftsunternehmen angesehen hat, gehe ich im Folgenden dem aktuellen Stand im deutschen Journalismus auf den Grund..

Pro Quote Medien-Studie „Frauen in Führungspositionen – Wie steht es um die Gleichstellung bei Regionalzeitungen?“

Laut der aktuellen Studienergebnisse „Frauen in Führungspositionen – Wie steht es um die Gleichstellung bei Regionalzeitungen?“ von Pro Quote* Medien, die am 25. Februar 2021 vorgestellt wurde, waren von 108 Chefredakteursstellen nur 8 weiblich besetzt.

Bereits im Jahr 2019 kam Pro Quote in der Studie „Männerdomäne Regionalpresse“ zu dem Ergebnis, dass der Frauenmacht-Anteil in den Chefredaktionen der Lokal- und Regionalzeitungen bei nur rund zehn Prozent lag – und damit niedriger als in jeder anderen Mediengattung.

Diese beiden Statistiken (Quelle: Statista/Pro Quote) aus den Jahren 2019 und 2018 sprechen Bände:

 

“Der Stillstand bei den Regionalmedien hat uns so erschreckt, dass wir dachten, wir müssen eine qualitative Studie machen. Wir wollten verstehen, warum da so eine Starre herrscht”, erklärte Studienleiterin Anna von Garmissen die Motivation für die Studienreihe, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird.

Info: * Pro Quote ist eine von mehr als 300 Journalistinnen gegründete Gleichstellungsinitiative. 2012 wurde der Verein Pro Quote Medien e. V. in Hamburg gegründet. Der Verein fordert, dass die Hälfte aller Führungspositionen in den Medien auf allen Hierarchiestufen von Frauen besetzt wird. Von seiner Gründung bis 2017 lag die Forderung bei nur 30 Prozent.

Ernüchternde Realität: Die Führungskraft im Journalismus ist männlich

Bascha Mika fasste dieses Pro Quote-Ergebnis 2019 in der Frankfurter Rundschau zusammen:

Zwar wird hierzulande gern so getan, als hätten Frauen auf ihrem Weg zur Macht schon wahnsinnig viel erreicht – aber die Realität ist mehr als ernüchternd. Auch was den weiblichen Einfluss in Medien angeht.

Bei den überregionalen Tageszeitungen oder in den Online-Medien sah es laut Mika 2019 nur wenig besser aus – nur maximal ein Drittel der Führungskräfte dort waren weiblich: „Journalismus soll die Verhältnisse in der Welt so vollständig und wahrheitsgemäß wie möglich beschreiben, analysieren, deuten, kommentieren. Doch wo Frauen an der Spitze fehlen, fehlt auch ein entscheidender Teil des Blicks auf die Welt. Fehlt ein entscheidender Ansatz der Weltdeutung.“, formuliert Bascha Mika das dahinterliegende Problem.

Deprimierend: Deutsche Medien spiegeln längst überholt geglaubtes Frauenbild wider

Allein Websites und Online-Portale rund um Frauen, Kochen, Klatsch, Haushalt, Mode, Garten oder Unterhaltung werden mehrheitlich von Chefredakteurinnen geleitet, während das reine Nachrichtengeschäft mit Ressorts wie Politik, Wirtschaft oder Technik meist noch immer fest in Männerhand liegen. Ein laut Bascha Mika mehr als deprimierender Befund.

Deprimierend umso mehr, weil sich der Anteil der Frauen im Journalismus insgesamt – in absoluten Zahlen wie auch prozentual – bereits in den zwei Jahrzehnten bis 2013 ständig erhöht hatte:

Die Mehrzahl der Nachwuchsjournalisten ist weiblich. Seit fast 20 Jahren zeichnet sich dieser Trend ab. Bei allen großen Journalistenschulen bewerben sich mittlerweile mehr Frauen als Männer und vor allem besser qualifizierte Frauen. Bei der Henri-Nannen-Schule in Hamburg, eine der renommiertesten Ausbildungsstätten, zum Beispiel führte dies dazu, dass in den vergangenen zehn Jahren 79 Männer und 95 Frauen ausgebildet wurden. Doch während das weibliche Geschlecht beim Berufsstart dominiert, liefert ein Blick in die Reihen der Chefredaktionen und in die Ressortleiterrunden deutscher Medien ein ganz anderes Bild: Männer, soweit das Auge reicht.“

Dieses Zitat wurde vor nunmehr genau ACHT (!) Jahren (Quelle: Cicero, abgerufen am 30.03.2021) veröffentlicht. Verändert hat sich bis heute – nichts…

Diese traurige Realität muss unserer Meinung nach deshalb dringend und so schnell wie möglich in unserer Sprache abgebildet werden! Deshalb starten wir eine Petition!

 

Unterschreiben Sie unsere Petition:
Wir fordern den Dudeneintrag „DER Führungskraft“

Forderung:

Wir, Korina Dielschneider und Nicole Isermann, fordern, dass der DUDEN-Eintrag „die Führungskraft“ in „DER Führungskraft“ abgeändert wird – und zwar so lange, bis in allen deutschen Chefetagen ein ausgeglichenes Verhältnis von Frauen und Männern in Führungs- und Vorstandspositionen erreicht ist.

Begründung:

Der DUDEN soll Sprache realitätsgetreu beschreiben. Es ist seine Aufgabe, sensibel und behutsam mit der deutschen Sprache umzugehen – und nicht, Sprache zu verändern, denn damit würde er seinen eigenen Grundsätzen widersprechen. Im DUDEN haben nur Wörter Platz, die die Realität abbilden und das gesellschaftliche Bewusstsein schärfen. Der Eintrag „DER Führungskraft“ ist unserer Meinung nach exakt so ein Wort.

Eine Erwähnung im DUDEN verbreitet das Wort weit über seine ursprüngliche Gebrauchsblase hinaus. Und weil Sprache Macht ist, bedeutet größere Verbreitung auch größere Macht. Sprache schafft Sichtbarkeit, Sprache schafft Aufmerksamkeit. Wenn man also in Zukunft ständig über „DER Führungskraft“ stolpert, wird das Bewusstsein für die Diskrepanz zwischen weiblichen und männlichen Führungskräften in den deutschen Presse- und Wirtschaftsunternehmen thematisiert.

Ziel:

Wenn wir 5.000 Unterschriften erreichen, werden wir die Petition an den Rat für Deutsche Rechtschreibung  sowie an den Verein Deutsche Sprache (VDS) übergeben und das Änderungsverfahren anstoßen. Hier geht es zur Petition – bitte unterschreiben Sie! 

Fazit

Ein Wörterbuch muss relevant sein. Und Relevanz erreicht ein Wörterbuch, indem es die Sprache und damit die Debatten unserer Zeit wahrheitsgemäß abbildet. Wenn Sie bis hierher gelesen haben, sind Sie sicherlich unserer Meinung – oder etwa nicht?

Wenn es doch so einfach wäre… April, April!  Verzeihen Sie Korina Dielschneider und mir diesen kleinen Scherz – aber eine Vision darf man am 1. April ruhig einmal haben…

Und wer weiß – vielleicht gibt es in Zukunft tatsächlich einmal eine Petition, die sich auch für die Gleichstellung des Begriffs Führungskraft im DUDEN stark macht? Dann hieße es zukünftig vielleicht doch einmal der / die / das Führungskraft?!

Haben Sie einen guten Start in den April!

 

Nicole Isermann

Nicole Isermann steht für Text, Redaktion, Content und PR mit Herz und Haltung! Mit Einfühlungsvermögen verfasst und bearbeitet die Wahlbonnerin Texte, die ankommen, berühren und Mehrwert liefern - am liebsten für Soloselbstständige mit echtem Herzens-Business. Ihre Lieblingsthemen sind Essen & Trinken, Lesen & Schreiben, Reisen & Kultur, Natur & Umwelt oder Engagement & Lernen. In den kreativen Schreibfluss findet Nicole u. a. mit ihren kreativen Elfchen und Zelfchen. Wenn sie nicht schreibt, engagiert sie sich ehrenamtlich für Kultur-, Kirchen- und soziale Projekte.

3 Gedanken zu „Warum heißt es eigentlich „die“ Führungskraft? – Eine Petition

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