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Ich entgendere mich!

Ich habe die Nase voll. Gestrichen voll. Von der ewigen Genderei – und vor allem von den unsäglichen Diskussionen und Meinungen darüber:

  • Ich gendere gar nicht – das ist doch die reine Sprachverhunzung.
  • Das generische Maskulinum reicht vollkommen aus – das hat doch schließlich schon die letzten 40.000 Jahre gut funktioniert.
  • Was ist besser – Asterix oder Doppelpunkt? Wer soll da den Durchblick behalten? Ist mir viel zu anstrengend.
  • Er, sie, es, LGBTQI+ … Das ist kein Spektrum, sondern eine Krankheit.
  • Gästin, Vorständin, Bürgerinnensteig, Vorfahrende – geht’s noch?!
  • Gendern ist völlig unnötig und einfach nur lästig.
  • Für welche Form entscheide ich mich bloß? Student*innen, Student _innen, Studier*, Studierx, Studierende … ?
  • Gleichberechtigung in Politik, bei Bezahlung oder in Bezug auf Aufstiegsmöglichkeiten ist doch viel wichtiger als „nur“ die in der Sprache.

Kennst du mehr solcher Argumente gegen das Gendern? Bestimmt, oder?!

Buchstaben "Gender is" - zum eleganten Gendern mit Nicole Isermann
Foto: Canva

Was ist denn mit Nicole los, fragst du dich sicherlich? Denn lange habe ich mich – wie du sicher weißt, wenn du mir und meinen Beiträgen schon länger folgst – mit viel Verve für das Gendern eingesetzt: Mich gestritten, diskutiert, den dahinter liegenden Sinn zu erklären versucht, mich energisch gegen das „mitgemeint“ gestellt, den Glottisschlag verteidigt … Doch jetzt ist die Luft raus bei mir.

Gendern? Damit ist jetzt endgültig Schluss!

Ich mag mich nicht mehr verbiegen, entscheiden, nachdenken. Das ganze Gegendere und Gewoke geht mir auf den Nerv – und zwar gehörig! Ich mag nicht mehr bei jeder Personenbezeichnung überlegen, ob, wie oder warum das Geschlecht relevant ist und ob, wie oder warum ich gendere oder auch nicht: Es ist mir beim täglichen Texten, Schreiben und Sprechen einfach zu viel geworden.

Nicole Isermann an ihrem Laptop schreibend
Gendern war lange eine Selbstverständlichkeit für mich als Texterin. Foto: Andreas Schäfer

Doch was ist die Alternative? Denn die Gründe für das Verwenden geschlechtsneutraler Sprache sind mannigfaltig – und ergeben sich nicht zuletzt durch die im Jahr 2017 durch das deutsche Bundesverfassungsgericht erfolgte Anerkennung von Alternativen zu den beiden bisher bekannten und beachteten Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“. Und damit der Frage, wie Menschen mitgemeint werden können, die keiner dieser beiden Kategorien zugehörig sein können oder wollen. Ein Zurück zum alten Trott oder zur Zeichen-füllenden Paarung kommt für mich also nicht infrage.

Die Lösung! Entgenderte Texte nach Phettberg

Und so habe ich meine Lösung – dank eines Beitrags aus meiner Blogparade 2021 zum Gendern – nun gefunden:

Ab sofort arbeite ich nur noch für Kundys, die wie ich keinen Wert (mehr) auf das komplizierte und uneinheitliche Gendern legen. Jawohl, von jetzt an werde ich als Texty, Fachjournalisty und Bloggy ausschließlich entgenderte Texte nach Phettberg verfassen.

Das ist nämlich so klar und einfach, dass ich meine Zeit und Energie jetzt wieder auf wirklich wichtige, komplizierte oder sprachlich anspruchsvolle Formulierungen lenken und so die Qualität meiner Texte für meine Kundys enorm verbessern kann.

Mit dem Entgendern nach Hermes Phettberg – das ist ein österreichischer Aktionskünstler, der das geschlechtslose „y“ seit den 1990er-Jahren nutzt – ist es möglich, im Deutschen über Personen zu sprechen oder zu schreiben, ohne ihnen eine Geschlechter-Kategorie zuzuweisen, wo es entweder nicht möglich oder für die Sache nicht relevant ist.

Das Entgendern nach Phettberg verwendet der Sprachdidaktiker Thomas Kronschläger von der TU Braunschweig seit 2019 als Vorbild für geschlechtergerechte Sprache – seit 2021 berichteten verschiedene deutschsprachige Medien verstärkt darüber. Denn es ist leicht umzusetzen, da es nur diese nachfolgenden fünf sehr einfachen Hauptregeln kennt:

  1. Genus:
    Personenbezeichnungen sind alle neutrum (ne-utrum: keines von beidem) und bekommen im Singular ein einheitliches „das“ vorangestellt.
  2. Wortstamm + Endung im Singular und Plural:
    Jene Personenbezeichnungen, die auf -er bzw. -in enden, erhalten am Ende ein y: das Fahry, das Lesy, das Chemiky, das Kundy, das Journalisty, das Texty, das Spezialisty … Im Plural wird ein -ys angehängt: die Fahrys, die Lesys, die Chemikys, die Kundys, die Journalistys, die Textys, die Spezialistys … Bezeichnungen ohne Endung wie Professor oder Arzt erhalten ein – y: das Professory, das Arzty
  3. Umlautung:
    Personenbezeichnungen, die sich im Plural verändern, wie der Arzt / die Ärztin oder der Koch / die Köchin, behalten diese: die Köchys, die Ärztys
  4. Das Wort „man“:
    Das soll laut Phettberg nicht verwendet werden, da es eindeutig geschlechtliche Assoziationen hervorruft.
  5. Besonderheiten:
    Personenbezeichnungen auf -ling erhalten statt des -ing ein -y: Der Widerling wird zu das Widerly / der Lehrling wird zu das Lehrly (obschon: hier ist das Entgendern ggf. nicht in jedem Kontext nötig).

Bleibt eine letzte Frage offen: Ob im Wort auch „binnenentgendert“ werden sollte, liegt wohl im Ermessen der jeweiligen Sprechys und Schreibys: heißt es Bürgermeisty vs. Bürgymeisty?

Fazit – Nur Vorteile beim „Entgendern“!

Mein Fazit jedenfalls lautet, dass der größte Vorteil des Entgenderns nach Phettberg seine Eindeutigkeit ist: Personenbezeichnungen sind durch das angehängte -y / -ys deutlich erkennbar: Das Drucky ist also eine Person, die den Beruf des Druckens ausübt, während „der Drucker“ eindeutig das Gerät bezeichnet. Es kann so einfach sein!

Wenn du mehr zum Entgendern nach Phettberg wissen möchtest, ich deine Texte ab jetzt nach dieser Methode schreiben oder überarbeiten soll – oder du wirklich wissen möchtest, ob es mir damit ernst ist, klicke hier:

Ich entgendere mich - Text auf Foto von Nicole Isermann
Ich entgendere mich! Foto: Andreas Schäfer

PS: #AprilApril

Ich hoffe, dass du es mir nicht übel nimmst, dass ich dich in den April geschickt habe?! Tatsächlich fließt mir das „y“ noch nicht so leicht aus der Tastatur, aber die Idee dahinter gefällt mir sehr wegen ihrer bestechenden Einfachheit. Und im Auftrag schreibe ich für dich natürlich sehr gerne entgenderte Texte – für mich bleibt es bis auf Weiteres bei der „eleganten“ Art des Genderns möglichst ohne Sonderzeichen. Mit dem Klick auf den Button findest du noch mehr Informationen zum Entgendern – und erfährst von einer Kollegin, was Aprilscherze mit Medienkompetenz zu tun haben.

Falls du selbst auch einen tollen Aprilscherz gemacht hast oder einen lesenswerten weiterempfehlen möchtest, verlinke ihn doch bitte unten in den Kommentaren – dann lese ich ihn gerne!

Nicole Isermann

Nicole Isermann steht für Text, Redaktion, Content und PR mit Herz und Haltung! Mit Einfühlungsvermögen verfasst und bearbeitet die Wahlbonnerin Texte, die ankommen, berühren und Mehrwert liefern - am liebsten für Soloselbstständige mit echtem Herzens-Business. Ihre Lieblingsthemen sind Essen & Trinken, Lesen & Schreiben, Reisen & Kultur, Natur & Umwelt oder Engagement & Lernen. In den kreativen Schreibfluss findet Nicole u. a. mit ihren kreativen Elfchen und Zelfchen. Wenn sie nicht schreibt, engagiert sie sich ehrenamtlich für Kultur-, Kirchen- und soziale Projekte.

23 Gedanken zu „Ich entgendere mich!

  • Pingback: Weltfrauentag – Warum ich auch heute noch für diesen Tag, den Equal Pay Day und eine Frauenquote bin - Nicole Isermann - NicPR

  • Pingback: Beim Gendern entstehen meine liebsten Blog-Momente - Nicole Isermann - NicPR

  • Wahhh, liebe Nicole, ich hatte mich zwar sehr gewundert, aber NICHT auf das Datum geschaut und hab heute erst über deinen Instapost verstanden, dass du mich veräppelt hast 🤣 Das hast du sehr gut gemacht.

    Sonnige Grüße von Gabi

    Antwort
  • Liebe Nicole,
    ich wollte gestern schon erstaunt „Dein Ernst??!“ fragen, dann schaute ich auf das Datum und begriff… Eine sehr witzige Idee und anregend, weiter über meine eigene Haltung zum Gendern nachzudenken. Die Ideen für ein eleganteres Gendern finde ich sehr hilfreich. Danke und liebe Grüße!

    Antwort
    • Liebe Petra,
      wie schön, dass dir meine eleganten Tipps zum Gendern hilfreich erscheinen. Bis ich mich vielleicht doch noch mit dem „y“ anfreunde, werde ich es weiter so handhaben – und freue mich, dass dir mein Aprilscherz gut gefällt und du mir offensichtlich nicht auf den Leim gegangen bist. 🙂
      Herzliche Grüße von Nicole

      Antwort
  • Liebe Nicole,
    endlich mal jemandy der es so offen angeht. Die Lehrys in der Schule bekommen dadurch natürlich neue Aufgaben mit den Kiddys – ob es die Fehlerzahl reduziert? Ich finde es jedenfalls wirklich mal eine sinnvolle Idee. Liebe Grüssly Ulla 🙂

    Antwort
    • Liebe Ulla,
      ja, je mehr ich darüber nachdenke, desto einfacher und sinnvoller erscheint mir diese Lösung. 😁👍
      Liebe Grüße aus der Texty-Welt
      Nicole

      Antwort
  • Bin dabei, hab nämlich auch die Nase voll von * / In etc 😂 – okay, das mit -y finde ich auch etwas schwierig, aber Sprachumstellungen brauchen Zeit 😊 😉 dein pdf finde ich super nützlich.
    Kennst du schon meine neue Glück-o-Mat in 🤣😂

    Antwort
    • Klasse, ich freue mich, dass mein PDF dir hilft. Das ist mir nämlich das liebste Gendern! Deinen Glück-o-mat schaue ich mir an.
      Liebe Grüße
      Nicole

      Antwort
      • Toll! Ich finde, das y am Ende macht die Wörter so niedlich verspielt. Ich gehe mit das Kindy schaukeln und nehme das Omy und das Brudy mit. Klingt cool, oder? LG Steffi

        Antwort
        • Hi Steffi, ja das klingt wirklich niedlich. Ob es genau das ist, was mich irgendwie noch ein bisschen stört daran? 🤔🤭 Viel Spaß euch beim Schaukeln! LG Nicole

          Antwort
    • Hey, hab gerade gelesen, kann aber nicht auf deinem Blog kommentieren?!

      Großartig! Die GlÜcksliste ist super nett! Auch wenn es ein Scherz ist, kannst du doch damit Mailadresse sammeln und den Scherz dann in der Mail auflösen?!

      Liebe Grüße
      Nicole

      Antwort
  • Sehr schön 😀 Durch das Entgendern nach Phettberg hast du mich dann doch erwischt, weil das ja schon eine möglicherweise gangbare Methode ist …

    Antwort
    • Haha, das freut mich, denn es hat mir so einen Spaß gemacht, das zu schreiben. 😁 Danke fürs Lesen und schöne Feedback.
      Liebe Grüße
      Nicole

      Antwort
    • Wie schön, dass du gelesen hast – dein Beitrag ist auch großartig!!!
      Lieber Gruß zurück zu dir.
      Nicole

      Antwort

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