Was sind journalistische Stilformen?
Heute ist Tag #03 der laufenden Blogdekade und so kann ich heute endlich meinen schon lange als Entwurf vor sich hin schlummernden Beitrag über journalistische Stilformen beenden und veröffentlichen!
Als ich damals im Anschluss an mein Germanistikstudium meine Ausbildung zur Fachjournalistin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit machte, haben wir tatsächlich zuerst gelernt, was es für verschiedene journalistische Stilformen gibt. Denn wer für die Presse schreibt, muss ihre Bedürfnisse und Regeln kennen. Schreiben, gegenseitig redigieren (also stilistisch/redaktionell verbessern), korrigieren (Schreib- und Grammatikfehler) und Feedback geben gehörte zu unserer täglichen Praxis im Kurs – und schulte den Blick besonders gut.
Auch wenn es heute sehr viel leichter ist, seine Inhalte per Internet, Blog oder in den sozialen Medien – quasi an der Presse vorbei – zu verbreiten, ist es ziemlich hilfreich zu wissen, mit welchen Stilformen du spielen kannst, um deine Inhalte und Geschichten abwechslungsreich zu präsentieren.
Das sind die 7 häufigsten journalistischen Stilformen:
Der Bericht
Hast du zum Beispiel eine reine Information, eignet sich der sachliche, objektive Bericht natürlich am besten. Hier werden die wichtigsten sog. W-Fragen beantwortet – und zwar ganz ohne Wertung oder Werbung: Wer hat wann was wo warum und wie getan? Bzw. Was ist wann, wo, warum, mit wem und warum passiert? Damit lässt du keine wichtige Frage offen. Übrigens beginnt jede Pressemitteilung ebenfalls immer mit diesen Antworten – denn ein:e Redakteur:in hat wenig Zeit und muss von hinten nach vorne kürzen, wenn er/sie nicht viel Platz hat.
Der angefeaturte Bericht
Möchtest du mit ein bisschen Emotion und Atmosphäre einsteigen, ist der sog. angefeaturte Bericht das richtige – du steigst mit Emotionen und Bildern ein, machst neugierig, ziehst die Leser:innen in deine Geschichte rein – und gehst dann zur berichtenden Sachlichkeit über, die du natürlich mit Zitaten oder Zwischenüberschriften immer mal wieder aufbrechen kannst.
Das Feature
Ein reines Feature bringt noch mehr Lebendigkeit hinein, hier kannst du mit vielen Adjektiven arbeiten und wechselst am besten immer das allgemeine mit dem besonderen ab.
Die Reportage
In einer Reportage schilderst du aus deiner persönlichen Sicht, was du erlebt und erfahren hast – so, als würde es gerade in diesem Moment passieren. Das hat mir in meiner Ausbildung immer am allermeisten Spaß gemacht. Denn so habe ich richtig spannende Besichtigungen erlebt, aus denen ich dann eine Reportage zaubern musste – mit Worten, die Kino im Kopf erzeugen und meinen Leser:innen suggeriert, sie seine ebenfalls gerade mittendrin: Zum Beispiel musste ich versuchen, den Funkenschlag und Schwefeldunst am Hochofen im Pott lebendig werden zu lassen. Oder den (fehlenden) Arbeitsschutz in der Industrialisierung möglichst nahbar zu beschreiben. Oder Lust auf die „Hochzeit“ im Automobilbau machen – bei diesem extrem technischen Thema war der Begriff „Hochzeit“ tatsächlich der emotionalste Aspekt… Oder den Weg in die Selbstständigkeit einer Technoqueen nachfühlen – obwohl ich selbst mit DJanes und Techno so gar nichts am Hut habe. Eine Herausforderung, die das eigene Sehen, Fühlen und Recherchieren nochmal ganz anders in den Mittelpunkt rückt.
Das Interview
Das Interview bringt zusätzlich zu den vermittelten Informationen Nähe und Persönlichkeit – zu dir und zu deinem Gegenüber. Dabei gibt es viele verschiedene Formen: Stumme Interviews (ja tatsächlich: In der Serie „Sagen Sie jetzt nichts“ vom „Süddeutsche Zeitung Magazin“ antworten Promis eindeutig mit ihrer Mimik und Gestik und somit ganz ohne Worte auf Fragen!), Foto-Interviews, Expert:innen-Interviews (ich habe z. B. bereits 2 in meiner Reihe „Fokus Kommunikation“ auf meinem Blog veröffentlicht), Lifestyle-Interviews u. v. m.
Der Kommentar
Der Kommentar ist angebracht, wenn du Themen nicht sachlich, sondern mit deiner persönlichen Haltung bzw. Meinung transportieren möchtest.
Die Glosse
Eine Glosse ist ein quasi ein Text als Karikatur: Du darfst hier hemmungslos übertreiben, überspitzen oder auch mal Grenzen verletzen. Zippert zappt ist die satirische Kolumne auf Seite eins links oben in der WELT, die in die Richtung geht, Satiremagazine können das natürlich noch viel besser. Für mich war die Glosse immer die allerschwerste der Stilformen – ich glaube, dafür muss man geboren sein! Sehr unterhaltsam sind sie aber auf alle Fälle.
Warum du diese wichtigsten journalistischen Stilformen kennen und nutzen solltest
Du siehst schon – es gibt doch mehr journalistische Stilformen, als nur den reinen informativen Bericht. Damit du auch auf deinem Blog oder in deinen Newslettern Abwechslung für deine Leser:innen bieten und mit den verschiedenen Stilformen experimentieren kannst, stelle ich dir in den nächsten Tagen und Wochen die wichtigsten Eigenschaften und Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Stilformen hier auf meinem Blog vor. Bis dahin kannst du dich ja schon einmal durch die Verlinkungen oben klicken, um ein erstes Gefühl für die Unterschiede zu bekommen.
Jetzt bin ich neugierig: Welche der oben genannten Stilformen hast du schon einmal bewusst eingesetzt und warum? Verlinke sie mir gerne mit deiner Antwort im Kommentar! Ich bin gespannt!
Vielen Dank für die Zusammenfassung. Als Quereinsteigerin habe ich noch nicht so viel Erfahrung, freue mich aber aufs Ausprobieren – nächstes Projekt ist eine Reportage aus der stationären Psychiatrie.
Viele Grüsse aus der Schweiz, Susanne
Hallo Susanne,
wie schön, dass dir meine Zusammenfassung eine Hilfe sein kann. Lass mich gerne wissen, wenn du deine Reportage fertig hast – ich bin gespannt!
Viel Spaß und Erfolg und
viele Grüße von Nicole