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Was ist der Unterschied zwischen bayerisch, bayrisch, bairisch und boarisch?

Kürzlich musste ich für eine Pressemitteilung eines Kunden recherchieren, warum es verschiedene Schreibweisen für das Adjektiv „bayerisch“ gibt.

Sicher ist dir auch schon mal aufgefallen, dass es mal bayerisch, bayrisch oder bairisch heißt?! Und sogar die Schreibweise boarisch habe ich gelesen …

Wann sagt man was?

Gibt es überhaupt einen Unterschied, oder sind das dialektische Varianten? Und was sagen die Menschen in Bayern selbst? Als echte Preußin vom Niederrhein habe ich keine Ahnung.

Der DUDEN

Ich machte mich also auf die Suche und fand zunächst heraus, dass der DUDEN die beiden Schreibweisen bayerisch und bayrisch für das Adjektiv quasi gleichberechtigt zulässt. Die Bedeutung lautet:

Bayern, die Bayern betreffend; aus Bayern stammend

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS)

Die GfdS dagegen differenziert schon genauer, auf ihrer Seite fand ich nachfolgende Unterscheidungen. Grundsätzlich unterscheidet man bei der Schreibweise zwischen Staatsgebiet und Bevölkerung sowie dem Sprachraum.

Bayerisch

Vor allem bei Eigennamen und in der Standardsprache findet sich die Schreibweise „bayerisch“:

  • Bayerische Staatsoper
  • Bayerischer Rundfunk
  • Bayerische Staatsbibliothek
  • Bayerische Landtagswahlen
  • Museum des Hauses der Bayerischen Geschichte
  • Bayerisches Staatsministerium für Umwelt- und Naturschutz

Auch bei Bezeichnungen für Regionen oder bei regionalen Spezifizierungen wird die Schreibweise mit e gewählt:

  • Bayerischer Wald
  • Bayerischer Rheinkreis
  • bayerische Tracht
  • Naturpark Bayerische Rhön
  • der bayerische Ministerpräsident
Screenshot: DUDEN

Bayrisch

Oft – meist umgangssprachlich – wird die Variante ohne e benutzt. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass in der gesprochenen Sprache das e selten oder nur undeutlich ausgesprochen wird. In der Sprachwissenschaft wird diese Erscheinung als »flüchtiges e« bezeichnet.

Daher ist die Schreibweise ohne e besonders in der Kulinarik oder im regionalen Bezug häufig anzutreffen:

  • Bayrisches Weißbier
  • Bayrische Brezn
  • Bayrisch Creme
  • bay(e)rische Seen

Bairisch

Im Zusammenhang mit dem in Bayern und Österreich gesprochenen Dialekt bzw. den Mundarten ist „bairisch“ die korrekte Schreibweise – die Sprachwissenschaft verwendet immer das i statt y.

Innerhalb des Bairischen wird zwischen Nordbairisch, Mittelbairisch und Südbairisch unterschieden.

Schon gewusst?

Seit 2009 wird Bairisch von der UNESCO als bedroht eingestuft. Mit diversen Sprachprojekten soll dem Dialektsterben in Bayern entgegen gewirkt werden. „Dialekt gehört gepflegt. Aber Dialekt ist auch etwas sehr Regionales.“ sagte Kreisheimatpfleger Sepp Kink dem Münchner Merkur im Jahr 2019.

Boarisch

Was ist nun mit dieser 4. Variante? Diese findet sich immer dann, wenn es sich um besonders authentische, bayerisch gefärbte Texte oder Bezeichnungen handelt. Es gibt online sogar ein Boarisches Wörterbuch – das Stöbern hier macht richtig Spaß.

Bajuwarisch

Tatsächlich liest man manchmal sogar noch die scherzhafte, aber sonst veraltete Form bajuwarisch.

Bajuwaren ist die ursprüngliche Namensform der Baiern, der Bevölkerung eines Mitte des 6. Jahrhunderts entstandenen Stammesherzogtums, das den Großteil Altbayerns, Österreichs und Südtirols umfasste.

Die endgültige Festlegung der Schreibweise mit y für das Territorium des neuen Staats Bayern, des Königreichs von 1806, das nun auch Bayerisch Schwaben und Franken umfasste, geht auf den philhellenischen bayerischen König Ludwig I. zurück, ist also nur eine „Marotte des Königs“. In der Zeit davor wurde das Land auch Bairn, Bayrn, Bayren und Beyern genannt.

In der Sprachwissenschaft wird streng unterschieden zwischen bairischer Sprache und Bevölkerung, die mit i geschrieben werden, und der politischen Territorialeinheit Bayern, die mit y geschrieben wird. Diese Schreibweise gilt heute sowohl für das ehemalige Königreich Bayern und seine Nachfolger bis zum heutigen Freistaat Bayern.

Fazit: Alles ist korrekt

Die Frage, welche Schreibweise korrekt ist, lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Es gibt hier – wie so oft in unserer dynamischen Sprache – kein klares »richtig« oder »falsch«.

Über die jeweils passende Schreibweise entscheidet immer der Kontext, denn einen semantischen Unterschied gibt es nicht. Ausnahne: Eigen- bzw. Regionennamen sind als solche festgelegt und etabliert. Variantenschreibungen sind hier nicht erlaubt, da verschiedene Schreibweisen zu Verwirrungen oder Verwechslungen führen könnten.

Quellen

abgerufen am 14.08.2023

Dieser (leicht verspätete) Beitrag ist Nr. 10 und damit der letzte von 10 Beiträgen in der Blogdekade von The Content Society, meiner wunderbaren Blog-Gemeinschaft von und mit Judith Peters. Hier geht es zu Beitrag Nr. 9  – meinen Lieblings-Zitaten über das Schreiben.

Die Blogdekade lief vom 1. bis 10. August 2023 und ist ein echter Turbo, um das Blog-Feuer nach einer Schreibflaute wieder anzufachen. Im Februar 2023 habe ich schon einmal daran teilgenommen und ebenfalls 10 Beiträge in 10 Tagen veröffentlicht. Unter der Kategorie Blogdekade findest du alle Beiträge.

Nicole Isermann

Nicole Isermann steht für Text, Redaktion, Content und PR mit Herz und Haltung! Mit Einfühlungsvermögen verfasst und bearbeitet die Wahlbonnerin Texte, die ankommen, berühren und Mehrwert liefern - am liebsten für Soloselbstständige mit echtem Herzens-Business. Ihre Lieblingsthemen sind Essen & Trinken, Lesen & Schreiben, Reisen & Kultur, Natur & Umwelt oder Engagement & Lernen. In den kreativen Schreibfluss findet Nicole u. a. mit ihren kreativen Elfchen und Zelfchen. Wenn sie nicht schreibt, engagiert sie sich ehrenamtlich für Kultur-, Kirchen- und soziale Projekte.

6 Gedanken zu „Was ist der Unterschied zwischen bayerisch, bayrisch, bairisch und boarisch?

  • Liebe Nicole,

    mit viel Vergnügen und Interesse habe ich Deine Ausführungen gelesen. Denn: Ich habe meine Kind- und Jugendzeit im Berchtesgadener Land verbracht und spreche heute noch, wenn ich nach Bayern komme das Bairisch; zumindest das, was noch davon übrig ist nach so vielen Jahren mit einem fast akzentfreien Hochdeutsch im Alltag.

    Lachen musste ich beim Punkt „boarisch“. Mir fiel nämlich ein, dass ich in den Tiefen meines Bücherregals aus Nostalgiegründen einen Gedichtband aufgehoben habe, den ich bei meinem Wegzug aus Bayern von einer netten Nachbarin geschenkt bekommen habe.
    Er lautet „Mitten ins boarische Herz“, Mundartgedichte von Max Reindl, erschienen 1979 im Bajuwaren-Verlag.
    Ich musste etwas suchen, um das kleine Bändchen mit solch tiefsinnigen Zeilen zu finden: „Waar i im Kuahschtoi net geborn, na war i gwiß koa Rindviech wor’n. Hätt i bloß ghört auf mein Schuilehra, na kannt i was und wissat mehra. ….“ 😀

    Vielen Dank für den kurzweiligen und lehrreichen Sprachausflug.

    Lieben Gruß aus Limburg
    Manuela

    Antwort
    • Servus liebe Manuela,
      köstlich, dein boarisches Mundartgedicht – ich würde mündlich rein gar nichts verstehen 🙂 So ging es mir übrigens auch vor vielen Jahren mehrfach, wenn ich damals mit meinem in München lebenden Vater in einen Biergarten ging und wir mit den „Oahoamischen“ am Biertisch ins Gespräch kamen. Das Bairische ist für mich wie eine exotische Fremdsprache – da kann ich an keinem Gespräch teilnehmen und immer nur höflich lächeln und nicken, weil selbst das Nachfragen zu keiner sprachlichen Erhellung führte … 🙂 Schriftlich klappt das Übersetzen nach dem 3. Lesen übrigens – ich hab herzlich gelacht über das Rindviech. I moan scho aa! Hab lieben Dank dafür. Mein fast perfektes „Boarisch“ hab ich übrigens auf der Dahoam-Seite von https://deutsch-bairisch.de/ gefunden …
      Habedere
      Nicole

      Antwort
  • Pingback: KW33/2023: Alle TCS-Blogartikel - The Content Society

  • Sehr interessant, gerade für mich als Mittelfranken, die in München gelebt hat. Danke für die Aufklärung! Da geh ich mir doch gleich ein bayrisches Bier holen!
    Grüße Anette

    Antwort
    • Na, da sag ich doch Oans, zwoa, gsuffa – Prosit, liebe Anette! Wie schön, dass ich dir mit meinen Sprachforschungen tatsächlich auf die Sprünge helfen konnte. Dank dir für deinen Kommentar und
      liebe Grüße.
      Nicole

      Antwort

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