BlogparadenDeutsche Sprache

Rechtschreibung und ich – Dreamteam oder Dramaqueen?

Meine Blogging-Kollegin und Lektorin Kerstin Salvador hat zu einer Blogparade aufgerufen und zum Glück bis zum 14.11.22 verlängert – sonst hätte ich diesen länger geplanten Beitrag dazu gar nicht geschafft. Danke Kerstin, für die Verlängerung zu deiner Blogparade „Rechtschreibung und ich – (k)eine Liebesgeschichte“. Ich hätte es sehr bedauert, wenn ich meine Funfacts und Gedanken rund um die deutsche Rechtschreibung nicht hätte rechtzeitig präsentieren können!

Rechtschreibung – notwendiges Übel oder notwendiges Regelwerk?

Als Texterin und Fachjournalistin ist Rechtschreibung natürlich für mich essenziell. Ich schreibe Texte, die im Großen und Ganzen (Funfact 1 – hättest du das korrekt geschrieben?) richtig sind und der Duden-Empfehlung folgen. Dabei weiß auch ich tatsächlich längst nicht alles – und so gehört das Nachschlagen im Online- oder Print-Duden zu meinen regelmäßigen Gewohnheiten beim Schreiben.

Noch wichtiger ist es mir, korrekte Texte zu lesen – ich bin schnell angenervt, wenn Texte in Zeitungen (vor allem in Überschriften!), Magazinen, Newslettern oder auf Blogs für mich unnötige Fehler wie Tipper, Flüchtigkeitsfehler oder ganz klar falsche Schreibweisen enthalten. Dabei weiß ich selbst, wie schwer das Korrekturlesen der eigenen Texte ist, und habe selbst schon viele Fehler übersehen und unbewusst gemacht … Funfact 2 – Dass ein Leerzeichen vor die drei Auslassungspunkte gehört, habe ich tatsächlich erst durch dich, liebe Kerstin, gelernt. Bisher hatte ich immer der Autokorrektur vertraut, die wirklich NIE (!!!) ein Leerzeichen davor macht. Selbst das von mir sehr geschätzte und genutzte „LanguageTool“ meckert das nicht an. So bleibt sie ein Umstand, die manuelle Korrektur bei allem, das man mit den drei Punkten postet …

Rechtschreibung und Fehlerkorrektur

Zurück zum Korrigieren. Wie es so ist – in fremden Texten erkennt man Fehler auf den ersten Blick, oder wie geht es dir? Deshalb versuche ich, über manche Fehler gnädig hinwegzusehen, denn „nobody is perfect“ – schon gar nicht ich. Was mich aber wirklich triggert, sind so ein paar Formulierungen, die ich nicht nur bei Moderationen, sondern auch gedruckt immer öfter höre und sehe – und die durch massive Falschnutzung tatsächlich nun so im Duden stehen! Ja, ja, ich weiß – Sprache ist dynamisch, und ich als Befürworterin des Genderns predige das immer wieder. ABER: Wenn etwas vom Duden als korrekte Schreibweise nur aufgenommen wird, weil es die große Masse einfach falsch macht, wird es doch nicht richtiger, oder? Das ist für mich tatsächlich so, als dürfe ich demnächst ständig beim Autofahren mit dem Handy telefonieren, nur weil es neuerdings alle machen und es eh nicht kontrolliert werden kann. Weil das ein echtes Sicherheitskriterium ist, hoffe ich, dass es beim Handyverbot ohne Freisprechanlage am Steuer bleibt – davon hängen, anders als bei der Rechtschreibung, schließlich Menschenleben ab.

Kann Rechtschreibung Leben retten?

Funfacht 3 – Obwohl, auch mit der Rechtschreibung kann man Leben retten – hättest du das gewusst? Das berühmteste Beispiel ist ja der Satz mit dem Opa und dem Essen, bei dem sich nur durch das kleine, unauffällige Komma der Sinn massiv verändert:

„Wir essen jetzt, Opa“ – Der Opa wird liebevoll zum Essen gerufen.
„Wir essen jetzt Opa.“ – Der Opa fällt Kannibalen zum Opfer …

Die Türe – amtlich korrekte Rechtschreibung

Herrje, ich schweife ab, zurück zu meinem absoluten Hassbeispiel: „Türe“. Laut Duden hieß es lange verlässlich „die Tür“ (singular), die Türen (plural). Jetzt bin ich gebrochen – denn im Duden ist die für mich falsche, Zehennägel aufrollende Schreibweise „die Türe“ ebenfalls korrekt. Wie lange schon? Ist das zu glauben? Hier ist der Beweis – der aktuell von mir erstellte Screenshot:

Online-Duden, Screenshot vom 13.11.22 (https://www.duden.de/deklination/substantive/Tuere)

Nun gut, so ist es also – ich werde dennoch bis zum Ende meines Lebens „die Tür“ sagen und schreiben, und mich weiterhin massiv echauffieren, wenn ich „Türe“ höre oder lese.

Chaos nach der Rechtschreib-Reform: „ss“ oder“ß“?

Die Rechtschreibung ist ein weites Feld, und sicherheitshalber habe ich schnell nachgeschaut, was die aktuelle Duden-Empfehlung zur Schreibweise von „ss“ und „ß“ sagt. Diese wurde ja durch die Rechtschreibreform ordentlich durcheinandergewürfelt, und seit 1996 lese ich auch in geschäftlicher Korrespondenz noch immer Wörter wie Strasse, Grüsse, anschliessend, draussen, Fuss, weiss, muß, bißchen oder Fluß. Wohlgemerkt – ich beziehe mich auf das deutsche Deutsch.

Funfact 4 – Hast du gewusst, dass in der Schweiz das uns vertraute „ß“ mit der Reform von 2006 auch offiziell für den amtlichen Schriftverkehr abgeschafft wurde und schon lange vorher nicht mehr in Gebrauch war? Die Schweizer Tastatur hat gar kein „ß“ mehr. Daher liest du dort tatsächlich korrekt Strasse, Grüsse etc.

Funfact 5 – Wusstest du außerdem, dass nach einem Satz, der mit einer Abkürzung endet, wie der vorhergehende, kein zweiter Punkt für das Satzende gesetzt wird? Deshalb findest du niemals zwei Punkte hintereinander am Satzende.

Doch zurück zum doppelten bzw. scharfen „s“: Bei uns in Deutschland hat sich mit der erwähnten Rechtschreibreform 1996 folgendes geändert – und das scheint viele noch immer zu verwirren: Wörter mit einem langen Vokal davor werden mit „ß“ geschrieben, Wörter mit einem kurzen Vokal davor mit „ss“.

  • So wurde aus Fluß – Fluss, aus muß – muss oder aus daß – dass. Denn das sind allesamt kurz gesprochene Vokale.
  • Dagegen sollten Grüße, Straße, weiß, heiß, draußen oder Fuß mit dem „scharfen s“ bzw. „Eszett“ (Funfact 6 – mein LanguageTool schlägt mir bei der falschen Schreibweise „Esszett“ Alternativen wie Esszelt, Eiszeit oder Messzeit vor – ich liebe dieses Tool!) geschrieben werden.

Das geht bis heute bei vielen noch immer wild durcheinander und ärgert mich weniger, als dass es mich amüsiert. Aber eine korrekte Grußformel am Ende eines Briefes wäre schon schön, oder wie siehst du das?

Funfact 7 – Gerade erst lernte ich bei Ulli Anderwald in ihrer Advent(s)kalender-Challenge, dass man in Österreich nicht Adventskalender (du kannst meinen zur Weihnachtspost gerne abonnieren!), sondern Adventkalender (also ohne s) sagt – das habe ich vorher auch noch nicht gewusst. Es ist echt so eine Sache mit der Rechtschreibung – in unserer globalisierten Welt ist nicht einmal das Deutsch im engen DACH-Raum von Deutschland, Österreich und der Schweiz aneinander angeglichen – das kann ja nur zur Verwirrung führen …

Meine liebsten Rechtschreib-Merksätze

Sicher hast du als Kind auch viele Merksätze zum Deutschlernen gehört, oder? Ich habe noch immer einige von damals im Ohr und finde sie so hilfreich, dass ich sie hier für dich wiederhole. Meine Lieblingssätze sind:

  • Gar nicht wird gar nicht zusammengeschrieben – zusammengeschrieben dagegen schon. 🙂
  • Wer nämlich mit „h“ schreibt, ist dämlich.
  • Trenne nie st, denn es tut ihm weh.
  • Wer brauchen ohne „zu“ gebraucht, soll brauchen nicht gebrauchen.
  • Ich bin der Kuh den Schwanz am aus am ziehen.
  • Ich will ein Brot mit ohne Käse.

Weitere sehr schöne Merksätze habe ich gerade bei meiner Recherche gefunden – die sind zum Teil fast ein bisschen poetisch:

  • Hört ihr das „s“ gesummt, ihr Lieben, wird´s stets mit einfachem s geschrieben!
  • Sei nicht dumm und merk dir bloß: Namenwörter schreibt man groß!
  • Da, wo man redet, sagt und spricht, vergiss die kleinen Zeichen nicht!
  • Nach l, m, n, r das merke ja, kommt nie tz und nie ck!
  • Seid oder seit? „Seit bei Zeit“!
  • Das „s“ in „das“ muss einsam bleiben, kannst du auch „dieses“, jenes oder „welches“ schreiben!

Welche Merksätze zur Rechtschreibung begleiten dich bis heute?

Rechtschreibung nach Sommer-Stumpenhorst

Eltern von älteren Kindern wissen, was sich hinter diesem Doppelnamen verbirgt – und viele gruseln sich allein beim Lesen. Diese vor vielen Jahren übliche und von Norbert Sommer-Stumpenhorst entwickelte Lehrmethode sollte Grundschüler*innen schnell zum Schreiben eigener Texte motivieren und das langwierige Lernen einzelner Buchstaben zugunsten der Kreativität umgehen. Jedes Kind sollte in seiner eigenen Geschwindigkeit an Texten arbeiten können.

Ich kenne viele Familien, die von dieser Methode gar nichts halten, und will deshalb eine Lanze dafür brechen. Denn glücklicherweise hatten wir an „unserer“ Grundschule damals sehr fähige und von der Methode überzeugte Lehrerinnen, die diese auch noch korrekt anwendeten. So haben meine nun erwachsenen Kinder durchaus richtig schreiben gelernt – trotz oder gerade wegen dieser Methode?!

Selbstverständlich durften die Schüler*innen damals – anders, als es von Gegnerinnen und Gegnern dieser Methode oft kolportiert wird, nicht ewig ausschließlich nach Gehör schreiben. Die einzelnen Regeln wurden nur nicht alle auf einmal, sondern nacheinander gelehrt und korrigiert. Erst wenn eine Regel verbindlich vermittelt worden war, musste sie in Arbeiten korrekt angewendet werden. Und als Fehler wurde gewertet, wenn das nicht passierte.

Unsere beiden Deutschlehrerinnen Frau Jungklaus und Frau Tegeder (ein dickes Danke an dieser Stelle für ihren engagierten Unterricht!) haben immer nach dem Motto gelehrt:

Lesen, Schreiben und Rechnen sind die wichtigsten Kulturtechniken, und darum kümmern wir uns. Alles andere ist „nice to have“.

Beide haben mir damals sehr verständlich erklärt, wie das Konzept aufgebaut ist und vermittelt wird. Nach diesem Rechtschreibhaus können die Kinder in der 4. Klasse tatsächlich korrekt schreiben – wenn sie denn wollen. Wie ist das bei dir? Wurde das Konzept bei dir oder deinen Kindern angewendet, und auch korrekt?

Ich könnte noch ewig über Rechtschreibung weiterschreiben – aber ich mag jetzt mit einigen persönlichen Anekdoten schließen.

Rechtschreib-Anekdoten aus dem echten Leben

Unsere Tochter – mittlerweile 21 – hatte kurz nach der Einschulung mit gerade einmal sechs Jahren einen wunderbaren Einkaufszettel für meinen Mann geschrieben. Ich liebe diesen Zettel! Er hängt daher seit damals eingerahmt in unserer Küche und zaubert mir noch immer regelmäßig ein Lächeln ins Gesicht:

Rechtschreibung: Einkaufszettel der Tochter, geschrieben mit 6 Jahren.
Rechtschreibung nach Sommer-Stumpenhorst: Einkaufszettel der Tochter, geschrieben mit 6 Jahren kurz nach der Einschulung. Foto: Nicole Isermann/NicPR

Und mein Bruder – mittlerweile über 50 – der in den 70ern nach der alten, konventionellen Rechtschreib-Methode lernte, hatte als Grundschüler einmal eine Postkarte aus dem Zeltlager geschrieben, mit dieser Grußformel:

„Ville Guse, dan Marc“

Drei Fehler in vier Worten – immerhin konnte er seinen Namen richtig schreiben … Leider gibt es diese Karte nicht mehr – aber ich ziehe ihn noch immer manchmal damit auf. Ja, so sind sie eben, diese fiesen großen Schwestern, die Germanistik studiert haben. Ach ja, noch eine Anekdote: Mein absolutes Bruder-Lieblingswort ist und bleibt „Busenbehälter“ für BH – das Wort Büstenhalter kam ihm lange nicht über die Lippen … Wunderbar, diese kindliche Kreativität.

Apropos kindliche Kreativität: Kürzlich bin ich auf LinkedIn über den sehr kreativen Werbetexter Matteo Felisoni gestolpert und folge ihm seither. Denn er schreibt nicht nur selbst „knusprige Werbetexte“, sondern hat einen kleinen Sohn, der es ihm schon jetzt auf wunderbare Art nachmacht und dessen kreative Einfälle er manchmal postet. Vor einigen Tagen unterhielten sich Vater und Sohn also über die Bedeutung von „mit links schreiben“ – denn Sohnemann schreibt mit der linken Hand. Matteo Felisoni erklärte seinem Sohn dann, dass „mit links schreiben“ auch heißt: mit Leichtigkeit, ohne Mühe schreiben. Nach dem Gespräch gab es folgenden Text vom Junior: „Ich schreibe mit links, mein Papa mit rechts, aber irgendwie auch mit links.“ Herrlich, oder? Vor ca. einem Monat gab es schon mal einen wunderbaren Post des Nachwuchs-Texters: „Bye Bye schlechte Texte. Buy buy knusprige Werbetexte von meinem Papa.“ Einfach großartig!

Zurück zu mir: Mein peinlichstes Rechtschreib-Erlebnis hatte ich im Gymnasium. Wir mussten einen Aufsatz über Baron von Münchhausen schreiben, und als ich die Arbeit zurückbekam, wunderte ich mich über einen rot angestrichenen Fehler: „Er hängte unter dem Bauch seines Pferdes …“ Ich stellte mich in die Schlange, um zu fragen, was denn daran falsch sei – bis es mir zum Glück, kurz bevor ich an der Reihe war, wie Schuppen von den Augen fiel. Das nennt man wohl völligen Blackout.

Was sind deine Erfahrungen mit der Rechtschreibung – hast du auch prägende, lustige oder womöglich (Funfact 8 – schreibst du hier manchmal wohlmöglich?) traumatische Erlebnisse? Kommentiere gerne unter diesem Beitrag.

Und falls du mehr solcher Anekdoten und Geschichten rund ums Schreiben lesen und noch dazu praktische Tipps für deine „Weihnachtspost ohne Verdruss“ bekommen möchtest, klick einfach hier und trage dich unverbindlich für meinen Adventskalender und den Newsletter ein:

Nicole Isermann

Nicole Isermann steht für Text, Redaktion, Content und PR mit Herz und Haltung! Mit Einfühlungsvermögen verfasst und bearbeitet die Wahlbonnerin Texte, die ankommen, berühren und Mehrwert liefern - am liebsten für Soloselbstständige mit echtem Herzens-Business. Ihre Lieblingsthemen sind Essen & Trinken, Lesen & Schreiben, Reisen & Kultur, Natur & Umwelt oder Engagement & Lernen. In den kreativen Schreibfluss findet Nicole u. a. mit ihren kreativen Elfchen und Zelfchen. Wenn sie nicht schreibt, engagiert sie sich ehrenamtlich für Kultur-, Kirchen- und soziale Projekte.

Ein Gedanke zu „Rechtschreibung und ich – Dreamteam oder Dramaqueen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner