„Im Schatten stehen“ – ein Reise- und Literaturtipp mit Redewendungen
Heute ist Tag 22 der Domestika-Fotochallenge im August 2022. Die Tagesaufgabe lautet Schatten.
Ich bin ein großer Fan von Schatten-Bildern. Denn damit kannst du besonders kreativ herumspielen. Oder Menschen zeigen, die eigentlich nicht veröffentlicht werden möchten. Anonym bleiben. Dinge in Szene setzen. Schwarz-weiß-Akzente nutzen. Und noch viel mehr.
Ein Besuch in Buchenwald mit gedanklichen Schatten
Dieses Bild von meinem eigenen Schatten entstand kürzlich auf dem sog. Appellplatz im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald. Warst du schon einmal dort? Ich besuche regelmäßig im Urlaub eine KZ-Gedenkstätte, denn ich finde es enorm wichtig, mich mit diesem Teil der deutschen Geschichte immer wieder auseinanderzusetzen – nicht nur, weil ich Geschichte im Nebenfach studiert habe. Ich finde es gerade jetzt wichtig – in dieser Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs, in der sich wieder so viel ändert, in der wir vieles, das passiert, gar nicht mehr für möglich gehalten hätten (Krieg in Europa, Inflation, Corona-Lockdown, Fake-News, Brexit, Flüchtlingskrise, …).
Was ging mir dort, der sehr eindringlich erzählenden Führerin zuhörend, durch den Kopf? Wie Schatten habe ich mir die Häftlinge von damals vorgestellt. Denn in Dokumentationen wurden sie immer als eingefallene Menschen mit dunklen Augenringen und ungesunder, grauer Gesichtsfarbe beschrieben. In ihren grau gestreiften, dünnen Sträflingsanzügen stundenlang auf dem Appellplatz stehend, bedeckt vom Dreck der Steinbrucharbeit und der zugigen Baracken. Ohne Leben, Glanz und Freude. Grau eben. Als menschliche Schatten, die nicht mehr von dieser Welt sind.
Schatten liegen auf unserer Sprache
Auch unsere Sprache legt mit ihren Redewendungen diese schreckliche „graue Unsichtbarkeit“ offen:
- Der Ausdruck „Er steht in seinem Schatten“ bedeutet immer, dass der im Schatten stehende unterlegen, unsichtbar, weniger wert ist.
- „Es wirft einen Schatten auf sie“, bedeutet, dass das im Schatten liegende definitiv negativ ist.
- „Einen Schatten haben“, sagt man umgangssprachlich, wenn eine Person nicht ganz normal oder seltsam zu sein scheint.
Schatten hat sprachlich also meist eine negative Wertung – es sei denn, es ist von einem Baum als „Schattenspender“ die Rede.
Doch eine Hoffnung bleibt: Nur wo auch Licht ist, kann Schatten sein.
Was sind deine Gedanken zu Schatten? Kennst du weitere Redewendungen? Hinterlasse sie mir gerne hier im Kommentar!
Ein Literaturtipp – „Die Jüdin“
Gerade lese ich das Buch „Die Jüdin“ von Iris Krumbiegel [unbezahlte Werbung wegen Namensnennung und Linksetzung], das genau diese Erfahrungen und Zustände am Beispiel einer jüdischen Familie beschreibt. Ein Roman, der die furchtbare Realität von damals in literarische Form gießt. Nach meinem Besuch in Buchenwald fassen mich die Schilderungen umso mehr an. Was ich sonst noch am 12. August 2022 in Buchenwald erlebt und gedacht habe, liest du in meinem Blogbeitrag #12von12 im August.
Zum Hintergrund dieses Textes
Dieser Text ist mein Beitrag 2 von 10 im Rahmen der Blogdekade von The Content Society, die vom 21. bis 31. August 2022 läuft. Der Text entstand anlässlich der Domestika-Fotochallenge im August 2022, an der ich aktuell teilnehme und zu der ich täglich ein Foto zusammen mit einer kleinen Geschichte veröffentliche. Meine Tagesaufgabe inspiriert mich zu kleinen Kolumnen, die Gedanken und Tipps zu Sprache, Literatur, Reise und mehr enthalten. Wenn du alle Beiträge lesen möchtest, findest du sie hier auf meinem Blog in Wochenbeiträgen (Stichwort Fotochallenge) zusammengefasst – oder auf Instagram oder Facebook. Ich freue mich, wenn du mir auch dort folgst.